Nachdem mit Russland mittlerweile ein kalter bis lauwarmer Krieg ausgebrochen ist, gilt hierzulande als politisch unkorrekt, welcher versucht zu verstehen, wie die Russen ticken - d.h. wie sie denken und fühlen. Die derzeit massenweise veröffentlichte Meinung suggeriert, das sogenannte Russlandversteher als fünfte Kolonne firmieren. Wenn das so weiter geht, dann landet womöglich ein Schriftsteller wie Dostojewski auf dem Index. Es gilt also die verbleibende Zeit zu nutzen, um ein Zipfelchen von dem zu erhaschen, dass uns die Gemengelage der Verwirrten allerorten einigermaßen plausibel macht. Und bis dato ist noch niemand am Firmament aufgetaucht, der das besser und treffender in Worte gefasst hätte als der Großschriftsteller und Großhumorist F. M. Dostojewski. Insbesondere sein Roman „Die Besessenen" (auch übersetzt mit „Die Dämonen", „Die Teufel", „Böse Geister"), der zu großen Teilen 1870 in Dresden geschrieben wurde und der in der verblichenen Sowjetunion de facto verboten war, enthält immens viel (Zünd)Stoff, den generellen Irrsinn des Weltenlaufs zu beglaubigen. Dostojewski war sich selbst durchaus im Klaren, dass er mit seiner rigorosen Offenheit und seinem horrenden Humor sich nur wenig Freunde machen würde: „Ich schreibe diesen Roman, weil ich zornig bin. Sie werden mich wie Hunde anbellen, die Nihilisten und die Westler und mich als einen Reaktionär behandeln. Aber hol` sie der Teufel, ich werde alles sagen, was ich denke."