Theodor Fontane (1819 - 1898) ist durch seine Romane, durch seine "Wanderungen durch die Mark Brandenburg", als Theaterkritiker und als Journalist bekannt geworden; fast gänzlich vergessen aber sind die Bücher, die er über die Feldzüge von 1864, 1866 und 1870/71 geschrieben hat. Bei seiner Reise 1870 durch das halbbesetzte Frankreich geriet er, als Spion verdächtigt, in französische Kriegsgefangenschaft und wurde erst auf Intervention Bismarcks und des amerikanischen Botschafters in Paris freigelassen. Selbst die Bücher, in denen er darüber berichtete "Kriegsgefangen", 1870; "Aus den Tagen der Okkupation", 1871) sind bekannter geworden als das Werk, dem sie ihre Entstehung verdanken: "Der Krieg gegen Frankreich 1870-1871", erschienen in der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei Berlin 1873-76. In unserer Lesung beschränken wir uns auf die Kriegsereignisse rund um Saarbrücken. Fontanes Buch ist zu Unrecht der patriotischen Pflichterfüllung verdächtigt worden. "Um solcher Chimäre willen der Tod von Tausenden", schrieb er mit merklicher Distanz in einem Brief am 5. August 1870. Die Kandidatur eines Hohenzollernprinzen für den spanischen Thron, die zum Auslöser des Krieges wurde, schien schon Fontane nur ein Vorwand. Dass er die tiefere Kriegsursache eher in der innenpolitischen Labilität Frankreichs unter Napoleon III. sah als in preußischer Entschlossenheit, deckt sich mit Ergebnissen neuerer Forschung. Um so misstrauischer betrachtete er den nationalen Enthusiasmus der eigenen Seite. Er lehnte den "hochgradigem Borussismus" ab, ebenso eine Zeile wie "Deutschland, Deutschland über alles": "Das eine wie das andere macht mich nervös".
Regie: Peter König